
In der Ausgabe der kostenlosen Zeitung »Hallo Mittwoch« vom 12.09. hat der Autor seinem Ärger über sogenannte Geisterradler, also Radfahrende, die auf der falschen Seite unterwegs sind, Luft gemacht.
Das ist teilweise durchaus nachvollziehbar, immerhin lässt sich manches Verhalten von Radfahrern nur mit Faulheit oder Rücksichtslosigkeit erklären.
Nur leider trifft dies auf alle Verkehrsteilnehmer gleichermaßen zu.
So schreibt der Autor irrigerweise:
»Wenn Autofahrer sich wie Radfahrer verhalten würden, gäbe es Blechschäden und Verletzte zuhauf. Zum Glück kommt kein Autofahrer auf die Idee, die Fahrstreifen in falscher Richtung zu befahren und aus dem Rechtsfahrgebot britische Verhältnisse werden zu lassen.«
Der Autor scheint demnach nicht allzu oft mit dem Fahrrad in Hamelner Wohngebieten unterwegs zu sein.
Es kommen mir dort täglich Autofahrer entgegen, die an den Autos vorbeifahren, die auf ihrer Seite parken, und die sich nicht im geringsten darum scheren, dass sie auf meiner Spur unterwegs sind. Dass es dabei nicht zu Verletzten (in erster Linie wäre das wohl ich) kommt, liegt vor allem daran, dass ich mich in solchen Fällen notgedrungen fast in die Gosse quetsche, um nicht überfahren zu werden.
Ich lege dem Autoren außerdem mal nahe, zu zählen, wie viele PKW-Fahrer jeden Tag illegal in die als Einbahnstraße gesperrte Invalidenstraße einbiegen, die in diese Richtung ausschließlich für Einsatzfahrzeuge freigegeben ist. Von den Autofahrern, die mir im gesamten Stadtgebiet auf meiner Spur entgegen kommen, weil sie kurzerhand die Kurve schneiden, ganz zu schweigen.
Niemand wird durch die Wahl seines Verkehrsmittels zu einem besseren oder schlechteren Menschen, und wie bereits erwähnt, lässt sich das Fehlverhalten mancher Radfahrer gar nicht wegdiskutieren. Nur liegt das an einigen Stellen nicht an der Böswilligkeit der Radfahrer, sondern schlicht an der zum Teil unzureichenden Fahrradinfrastruktur, während für den Kfz-Verkehr großzügige zwei Spuren in beide Richtungen vorhanden sind.
So gibt es auf dem gesamten Ostertorwall keine einzige Querungsmöglichkeit, die es den Radfahrern erlaubt, die Straßenseite zu wechseln, ohne dabei zum Fußgänger zu werden.
Nicht viel besser sieht es aus, wenn man als Radfahrer von der Weserpromenade am Stockhof Richtung Klütviertel oder Klein Berkel fahren möchte. Entweder muss der Radfahrer absteigen und eine Treppe (!) hinauf schieben oder einen mehrere Hundert Meter langen Umweg über die Kreuzung an der Mühlenstraße fahren.
Radfahrer können durchaus mal absteigen und schieben, sagen Sie?
Dann stellen Sie sich als Autofahrer einfach mal vor, auf Ihrem täglichen Weg zur Arbeit wäre es an einer Stelle so eng, dass Sie dort immer aussteigen und Ihre Seitenspiegel einklappen müssten. Parallel dazu verläuft eine gut ausgebaute Straße, aber die ist nur für Anlieger frei.
Na, wie entscheiden Sie sich?
Genau das ist aber an einigen Stellen in Hameln die Wahl, vor die viele Radfahrer immer noch gestellt werden.
Angesichts solcher Umstände kann ich Radfahrer verstehen, die dann z.B. auf der Münsterbrücke die falsche Seite benutzen, was im Übrigen meiner Erfahrung nach weitestgehend unproblematisch ist, sofern sie dabei vorsichtig fahren.
Apropos Münsterbrücke: Über Monate hinweg war aufgrund der Brückeninspektion eine der stadteinwärts führenden Fahrspuren für den Kfz-Verkehr gesperrt - und das, ohne dass es zu irgendwelchen nennenswerten Einschränkungen im Verkehrsfluss gekommen wäre. Auch daran wird deutlich, wie viel Platz wir eigentlich Fußgängern und Radfahrern zur Verfügung stellen könnten, wenn wir uns nur trauen würden.
Bei allem verständlichen Unmut über entgegenkommende Radfahrer, bitte ich daher immer dabei zu berücksichtigen, welche Ursachen dazu führen, dass diese sich so verhalten.
Gute Radinfrastruktur benötigt nämlich in der Regel keinen Zwang, sondern wird freiwillig und gerne benutzt.